1 Beschreibung der Störung
Bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) handelt es sich um eine Störung, von der man bis vor wenigen Jahren annahm, dass sie nur im Kindes- und Jugendalter auftritt und sich später auswächst. Zwischenzeitlich weiß man, dass sie auch ins Erwachsenenalter fortbestehen kann. Entsprechend der langen Entwicklungsgeschichte der Konzeptualisierung der Störung findet man jedoch immer noch verschiedene, z. T. synonym verwendete, wie auch mit unterschiedlichen Inhalten verbundene Begriffe (vgl. Tab.1).
Tabelle 1: Begriffe im Umfeld der heute als ADHS bezeichneten Störung (Beispiele; s. a. Rothenberger & Neumärker, 2005)
1932 Kramer & Pollnow: Hyperkinetische Erkrankung 1962 Minimale Cerebrale Dysfunktion (MCD) bzw. Minimal Brain Dysfunction (MBD) 1980 DSM-III: Störung mit Aufmerksamkeitsdefi zit bei Hyperaktivität Störung mit Aufmerksamkeitsdefi zit ohne Hyperaktivität 1987 DSM-III-R: Aufmerksamkeitsdefi zit- und Hyperaktivitätsstörung 1992 ICD-10: Hyperkinetische Störung (HKS) 1994 DSM-IV: Aufmerksamkeitsdefi zit-/Hyperaktivitätsstörung
Ältere Begriffe wie Psychoorganisches Syndrom (POS) oder Minimale Cerebrale Dysfunktion (MCD) haben heute im wissenschaftlichen wie klinischen Kontext keine Bedeutung mehr. Die Abkürzung POS findet man jedoch noch in der Schweiz in der Invalidenversicherung zur Bezeichnung eines sogenannten Geburtsgebrechens. Dieses ist unterstützungsberechtigt, wenn die Diagnose vor dem 9. Lebensjahr gestellt und bereits mit einer medizinischen Behandlung begonnen wurde.
Seit Einführung des DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders; Third Edition; APA, 1990) spricht man im Amerikanischen explizit von einer ADHD (Attention Deficit/Hyperactivity Disorder) oder ADS deutschen Sprachbereich hat sich zwischenzeitlich der Begriff der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) als Oberbegriff für die verschiedenen Manifestationen der Störung eingebürgert (s. a. Kapitel 1.2).
1.1 Bezeichnung
Die Symptomatologie der ADHS im Erwachsenenalter lässt sich zunächst ähnlich wie die bei Kindern und Jugendlichen beschreiben, d. h. sie ist gekennzeichnet durch Symptome in den Bereichen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität, welche sich z. T. jedoch im Erwachsenenalter anders zeigt als bei Kindern und Jugendlichen (vgl. Kasten und sowie Abb. 1). Danach äußert sich z. B. das DSM-IV-Kriterium „Schwierigkeiten, längere Zeit die Aufmerksamkeit bei Aufgaben oder beim Spielen aufrechtzuerhalten“ beim Erwachsenen u. a. in Problemen bei Routinetätigkeiten, das Kriterium „schwer warten zu können, bis an der Reihe“ in Ungeduld beim Schlangestehen (weitere Beispiele s. a. Barkley, 2010).
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